Ihr müsst hier weg. Die jüdische Gemeinde Hollabrunn von 1850 bis 1938
- Heinz Bidner
- 21. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Als am 15. Mai 2025 das erste Klezmerlied der Gruppe „Saitenwind“ erklang, war der Mühlenraum in der Alten Hofmühle bis zum letzten Platz gefüllt. Dr. Alfred Fehringer las aus seinem Buch „Die Jüdische Gemeinde Hollabrunn von 1850 bis 1938“ und gab Einblick in die Vertreibung der Juden aus Hollabrunn. Viele der Gäste kannten das Buch bereits, dennoch lauschten alle gebannt den Erzählungen von Alfred Fehringer. Er spannte den Bogen von der Entstehung der jüdischen Gemeinde in Hollabrunn hin zum Anschluss und zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. „In der Nacht vom 11. zum 12. März 1938 wurden das Rathaus, die Bezirkshauptmannschaft, Post, Bahn, Gendarmerie und Newag von Nationalsozialisten besetzt. Die bisherige Ortsgruppenparteileitung der NSDAP und Beamte der Gendarmerie Hollabrunn entwaffneten die Sturmscharen der Vaterländischen Front. Vor allen besetzten Gebäuden, die mit Hakenkreuzfahnen beflaggt wurden, wurden Posten aufgestellt.“
Fehringer las von der Flucht vieler Juden aus Hollabrunn und von den Deportationen von Wien aus, u.a. in den polnischen Distrikt Lublin: „Im dritten Transport, der am 26. Februar 1941 von Wien nach Opole geführt wurde, befanden sich auch Hermine Hauser und ihr Mann Wilhelm Hauser aus Hollabrunn. Hermine Hauser kam am 29. März 1941 in Opole ums Leben, Todesort und Todesdatum von Wilhelm Hauser sind unbekannt. Josef Hauser und seine Frau Jenny Hauser aus Hollabrunn wurden mit dem vierten Transport deportiert, der am 5. März 1941 Wien mit dem Zielort Modliborzyce verließ.“
Mit großem Interesse hörten die Besucher danach Dr. Elisabeth Ranzenhofer zu. Sie erzählte von ihrer Familiengeschichte: Ihr Ururgroßvater Johann Ranzenhofer kam als Schneidermeister aus Nikolsburg nach Hollabrunn und eröffnete in der Sparkassegasse 8 ein Konfektionsgeschäft mit seiner Frau Regina. Sein Sohn Karl, geboren 1876, übernahm mit seiner Frau Rahel, geborene Ornstein, das Geschäft und kaufte das Nachbarhaus. Rahel war eine Schwester von Ida Ornstein, die Theodor König aus Retz heiratete. Ihr Sohn Walter besuchte die Schneidereischule in Michelbeuern und ihr Sohn Erwin studierte Rechtswissenschaften. Die Bemühungen der Familie zu emigrieren, scheiterten leider. Nur Walter Ranzenhofer gelang es, Mitte 1939 Österreich zu verlassen. Er überlebte als Einziger den Holocaust und war bei der Befreiung des Konzentrationslagers in Bergen-Belsen dabei. Elisabeth Ranzenhofer beschäftigte sich während ihres Schulbesuches des Erzbischöflichen Gymnasiums im Rahmen der Aktion „A letter to the stars“ mit der Familiengeschichte.
Die Veranstaltung wurde mit Musik von „Saitenwind“ und dem Besuch des Büchertisches von der Buchhandlung – Frau Hofer beendet. Der Abend klang bei einem Rundgang durch das Museum und der aktuellen Fotoausstellung „Hollabrunn Einst und Jetzt“ aus.
Fotos: Museumsverein


